Evangelisch
Eisenstadt - Neufeld

Predigt Christvesper 2011 Eisenstadt/ Neufeld: Jesaja 9, 1-6

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und unserm Herrn Jesus Christus!

Die Worte der Heiligen Schrift, die uns für diesen Heiligen Abend zum Bedenken vorgeschlagen sind, stehen im Buch des Propheten Jesaja im 9.Kapitel:

Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell. Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Vor dir wird man sich freuen, wie man sich freut in der Ernte, wie man fröhlich ist, wenn man Beute austeilt. Denn du hast ihr drückendes Joch, die Jochstange auf ihrer Schulter und den Stecken ihres Treibers zerbrochen wie am Tage Midians. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, und jeder Mantel, durch Blut geschleift, wird verbrannt und vom Feuer verzehrt.

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst; auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er's stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des Herrn Zebaoth.

Herr, segne unser Reden und Hören durch deinen Heiligen Geist. Amen.

Mitten hinein in die Dunkelheit scheint ein Licht.

Und bei denen, die in diesem Dunkel wohnen, wird es hell.

Ein Licht geht ihnen auf.

Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht wie mir. Diese Vision des Propheten Jesaja vor langer, langer Zeit überspringt mühelos den Graben der Geschichte und landet mitten unter uns, trifft unsere Situation und wohl auch unsere Herzen.

Mitten hinein in die Dunkelheit scheint ein Licht.

Und welches Leben gäbe es ohne dieses Dunkel, ohne Schatten.

Darüber nachzudenken, das auch zuzulassen, kann hilfreich sein.

Wo ist es dunkel in mir und um mich?

Welche Schatten legen sich über meine Tage und Nächte?

Wovor habe ich Angst, begründet manchmal, manchmal aber auch unbegründet und darum noch weniger greifbar.

Manchmal ist es notwendig - die Not wendend - diese eigenen Dunkelheiten nicht zu verdrängen, sondern zuzulassen, sie ernst zu nehmen.

Aber dann nicht dabei stehen oder sitzen zu bleiben, sondern unsere Blicke und Gefühle wieder dem Licht zuzuwenden.

Sonst kann es sein, dass die Dunkelheit zu stark wird, uns gefangennimmt und nicht mehr froh sein lässt.

Gerade zu Weihnachten spüren viele Menschen ihr Alleinsein, ihre Einsamkeit besonders stark, wenn die eigene Situation so überhaupt nicht übereinstimmt mit dem, was man sich an Weihnachten so vorstellt:

Frieden … aber gleich nach der Bescherung ist wieder gestritten worden. Und wieviele Bruchstücke an nicht versöhntem Streit und Zorn liegen noch unaufgearbeitet auf dem Weg dieses vergehenden Jahres …

Glänzende Kinderaugen … aber die Kinder sind groß und weit weg und haben noch nicht einmal angerufen.

Und überhaupt: Wenn man sich diese Welt anschaut … die vielen Kriege und Menschenrechtsverletzungen … Christenverfolgungen … „die Stiefel, die mit Gedröhn einhergehen, die Mäntel, durch Blut geschleift“ (Zitat aus unserem Predigttext) sind seit Jesaja und immer noch grausam gegenwärtig.

Und doch:

Mitten hinein in die Dunkelheit scheint ein Licht.

Und bei denen, die in diesem Dunkel wohnen, wird es hell.

Ein Licht geht ihnen auf.

Das Licht, das gerade zu Weihnachten eine so wichtige Rolle spielt. Die vielen Kerzen, die angezündet werden. Auf den Adventkränzen, den Christbäumen, auf dem Altar.

Alle diese Lichter weisen hin auf den, von dem das Weihnachtslicht ausgeht:

„Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben “ lesen wir bei Jesaja.

Weihnachten, das unterstreichen alle Untersuchungen, ist das beliebteste Fest im Jahreslauf, aber Viele nehmen den eigentlichen Sinn nicht mehr wahr. Aber das brauche ich Ihnen nicht zu erzählen, sonst wären Sie ja heute nicht hier.

Der Hl. Abend weist uns wesentlich darauf hin, dass ER, Jesus, unser Erlöser und unsere Hoffnung ist.

ER, der von sich gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh. 8,12)

Und derselbe Jesus sagt auch zu seinen Jüngern und Jüngerinnen, zu denen, die ihm nachfolgen: Ihr seid das Licht der Welt“ (Matth. 5,14).

Und ER gibt damit das Weihnachtslicht weiter – an uns: Ihr, die ihr euch als Christinnen und Christinnen nach meinem Namen nennt, die ihr zu mir gehört – sollte sich das nicht auch auswirken in eurem Leben, in eurem Alltag und auch in der Gestaltung der Sonntage das Jahr über?

Mitten hinein in die Dunkelheit scheint ein Licht.

Und bei denen, die in diesem Dunkel wohnen, wird es hell.

Ein Licht geht ihnen auf.

Und dieses Licht, das braucht ihr nicht für euch behalten. Das dürft ihr weitergeben. „Ihr seid das Licht der Welt.“

Das, was ihr empfangen, verstanden, empfunden habt, / was ihr glaubt – das gebt weiter … in eurer Familie, unter Freunden, im Beruf, in all euren Lebensbereichen.

Damit dieser Welt und dieser Stadt und eurer Ortschaft ein Licht aufgeht.

Sie haben es nötig.

„Tragt in die Welt nun ein Licht.“

Ja, schön wär das schon, und eigentlich möchte ich ja auch gerne etwas von dem Licht weitergeben. Aber wie soll ich das machen, mit meinen schwachen Kräften, mit meinen begrenzten Möglichkeiten?

Das dachte sich auch ein kleiner Baumwollfaden.

Der hatte Angst, zu nichts nütze zu sein … dass er nicht ausreichte, so wie er war.
"Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach" sagte er sich, "für einen Pullover zu kurz". Um an andere anzuknüpfen, habe ich zu viele Hemmungen. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht. Zu nichts bin ich nütze.
Ein Versager!
Niemand braucht mich.
Niemand mag mich und ich mich selbst am wenigsten.

So sprach der kleine Baumwollfaden zu sich, legte eine traurige Musik auf und fühlte sich sehr allein in seinem Selbstmitleid.

Da klopfte ein Klümpchen Wachs an und sagte:
"Lass Dich doch nicht so hängen, kleiner Baumwollfaden.
Ich habe eine Idee:
Wir beide tun uns zusammen!
Für eine große Weihnachtskerze bist Du als Docht zu kurz und ich habe auch nicht genug Wachs; aber für ein Teelicht reicht es allemal.
Wir beide zusammen werden eine kleine Kerze, die wärmt und es ein bisschen heller macht.
Schließlich ist es besser, nur ein kleines Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu schimpfen".

Da war der kleine Baumwollfaden ganz glücklich und sagte sich: "Dann bin ich doch zu etwas nütze!"

Wer weiß, vielleicht gibt es auf der Welt noch mehr kurze Baumwollfäden, die sich mit einem

Klümpchen Wachs zusammentun.

Wer weiß, vielleicht gibt es in unserer Gemeinde noch mehr kurze Baumwollfäden, die sich mit einem Klümpchen Wachs zusammentun.

Ein Kerze allein schon erhellt den Raum. Wieviel mehr erst viele Kerzen.

Und ich sehe heute so viele Herzen, die das Licht von Weihnachten widerspiegeln. Wie schön wäre es, wenn Viele zusammen leuchten und dieses Licht weitertragen. Im eigenen Umfeld, aber auch für unsere Gemeinde.

Dann könnten wir Boten sein … Boten des Lichts … und Bote ist eigentlich die Übersetzung, ein anderes Wort für Engel.

Engel des Lichts (Annette Soete, leicht ergänzt, in: Praxishilfe Weihnachten, 198)

Hast du

den Engel des Lichts

gesehen

sanft

streift er

durch die Nächte

der Welt

legt hier

seine Hand auf ein Stöhnen

blickt dort

voll Erbarmen

der Angst in die Augen

und sagt

in den Schrei der Verzweiflung

sein lichtendes Wort

hast du

den Engel des Lichtes

gesehen

hier war er

und dort

und doch überall

er streift durch die Nächte dieser Welt

und gräbt

in die Finsternis tief

den Samen des ewigen Morgens

streut Schweigen

in jegliche Not

hast du

den Engel des Lichtes

gesehen

er trägt

deine Nacht

in seinen Händen

du findest ihn

immer

in dir

oder er begegnet dir

unerwartet

im gesicht

in der hand

nebenan

unerwartet

in einem lieben wort

einer hand auf der schulter

manchmal

stellt er

unbemerkt

eine kerze

in deine schattenräume

der engel des lichtes

vielleicht

bist auch du

manchmal

ein solcher engel

für andere

die ihn nötig haben

Das wünsche ich Ihnen, liebe Gemeinde, an diesem Hl. Abend 2011. Geschenke und Gemütlichkeit natürlich auch, die Nähe oder Gedanken der Lieben, tröstliches Licht in Traurigkeit.

Gutes Essen und schöne Musik nebenbei.

Aber vor allem: Dass das Weihnachtslicht leuchtet in Ihrem Herzen, in ihrem Leben, in ihrem Haus.

Schon eine einzige Kerze, angezündet, kann ein Lichtblick sein, kann auch, wenn sie manchmal flackert, Schatten vertreiben, Wärme geben, Hoffnung ausstrahlen.

Manchmal hilft es auch, wenn sich ein kurzer Baumwollfaden und ein Klümpchen Wachs zusammentun.

Tragt in die Welt nun ein Licht. (EG 593)

Amen.